Das war der Gedanke, den ich wohl mit am häufigsten hatte in den Phasen dazwischen. In den guten Phasen. Wenn doch eigentlich alles ganz gut war.
„Ist doch alles gut.“
Ich komme zurecht. Ich habe ein (sogar sehr gemütliches) Dach über dem Kopf. Ich habe genug zu essen, zu trinken.
„Ist doch alles gut.“
Meine Arbeit ist ganz okay und ich treffe immer mal wieder liebe Menschen. Meine Familie ist toll und für mich da.
„Ist doch alles gut.“
Ich mache lustige Sportarten, lerne nicht selten tolle neue Menschen kennen und reise ab und zu ein bisschen.
„Ist doch alles gut.“
Oder nicht? Was ist mit den nicht so guten Phasen? Die Phasen, in denen ich nicht aus dem Bett komme? Die Phasen, in denen es 5 von 10 Löffeln kostet mich unter die Dusche zu stellen und den Hahn aufzudrehen? Die Phasen, in denen ich mich von zwei Tafeln Schokolade, einer Tüte Chips und ein paar Resten von gestern ernähre? Die Phasen, in denen ich wütend auf mich bin, weil ich nicht aus dem Bett komme, nicht dusche und mich von zwei Tafeln Schokolade, einer Tüte Chips und ein paar Resten von gestern ernähre?
„Ist doch alles gut.“
Nein, ich brauche keine Hilfe. Ich will mich ja nicht verletzen oder sogar umbringen oder so. Aber vielleicht wäre schon alles leichter, wenn ich nicht mehr existieren würde.
„Ist doch alles gut.“
Als „einen der positivsten Menschen, die ich kenne“ habe ich mich mal selbst beschrieben. Und würde ich mich vielleicht immer noch beschreiben. Und das obwohl nicht immer alles gut ist. Gar nicht mal so selten – und in den letzten Monaten immer häufiger – fühlt sich gar nichts mehr gut an.
Das hier zu schreiben ist gruselig. Das alles so klar zu denken ist gruselig. Es ist aus mir herausgesprudelt und ich weine.
Phasen, in denen „alles gut“ ist, und Phasen, in denen nichts gut ist, vermischen sich mittlerweile. Die einen gibt es nicht mehr ohne die anderen im Hinterkopf. Das macht alles schlimmer und anstrengender. Aber es hat mir auch geholfen, mir selbst in einer guten Phase einen Ruck zu geben.
Der Ruck, der eigentlich eher ein leises kleines „nun mach doch mal“ war, hat mich dazu gebracht nach Hilfe zu Fragen. Nachdem ich im letzten Jahr eine fürchterliche Erfahrung mit einem Therapeuten gemacht habe (der mir zwar meinen Wunsch nach der Bescheinigung für das Verlassen des Referendariats aus wichtigem Grund erfüllt hat, aber trotzdem ein sexistischer Blödmann war), habe ich mich getraut wieder Kontakt zu einer Therapeutin aufzunehmen. Und das war gut!
Ich habe Hoffnung, dass es nun voran geht.